4_Senocondus Druide
Tour A

4. Station | Senocondus und die Druiden

Hier plaudert Senocondus aus dem Nähkästchen eines Druiden. Die vierte Station der Oberschwäbischen Keltenstraße findet sich im Vollacher Ried bei Bad Buchau-Kappel.

Die Station 4 – Beschreibung findet man hier: “Fluchtdepot oder Heilige Stätte?

4_Senocondus
© Till Adloff info@till-now.de

Ich bin der Druide Senocondus, was bedeutet, der, der den Verstand eines Alten hat. Wir Druiden sind die Gelehrten der Kelten. Wir haben das geheime Wissen unserer Götter erlernt und sind für unser Volk nicht nur der Mittler zwischen den Göttern und den Menschen, wir sind auch für die weltlichen Belange unserer Kultur zuständig. Wir sind Richter, Henker, Zeremonienmeister und die Philosophen der Kelten. Wir lesen die Zukunft in den Runen, in Opfern und in der Natur. Wir können sogar die Toten wiederbeleben, solche Kraft schreibt man uns zu! Einige von uns waren zumindest auch ganz passable Ärzte, unserem Naturwissen ist das zu verdanken. In Gräbern fand man einige chirurgische Werkzeuge, die wir nutzten. In der Latène-Zeit (ab 450 v. C.) lernten sogar die Krieger medizinische Kenntnisse, für den Notfalleinsatz auf dem Feld.

Caesar sah in uns die Angesehensten unserer Kultur, die er ja gallisch nannte. Er erkannte schnell, dass es des Druiden braucht, wenn es um ein Ritual, wie ein Opfer, geht. Wir richteten über die Fehler der Menschen und redeten über die Sterne, die Welt – wie zum Beispiel ihre Größe -, über die Natur und ihre Macht, sowie das Agieren der Götter. Würde man es in die heutige Ausbildung umsetzen, müsste ein junger Druide folgende Fächer belegen: Mythologie, Etymologie, Ethnogenese des Stammes und der Nachbarstämme, die Geschichte des Druidentums, historische und heroische Traditionen, Ortsnamenerklärung, Gebete, Kulthandlungen, mantische Verfahren, Physiologie, Medizin, Ethik und Recht – und alles als Hauptfach! Aber leider haben wir nichts davon aufgeschrieben…

Druiden, Druidinnen, Barden und Vates

In dieser Gegend gab es auch die sogenannten Gutater, sie waren auch eine Form von Druiden, aber sie sind noch geheimnisumwitterter, denn man hat so gar nichts von denen gefunden. Auch Frauen konnten Druiden werden, dann waren es meist Seherinnen.

Eine fand durchaus ihren Platz in den Geschichtsbüchern: „Velada“, sie lebte am Niederrhein. Sie nahm um das Jahr 70 n. C. die Rolle als Mittelsfrau zwischen den Römern unter Kaiser Vespasian und den Aufständischen ein.

Neben den Druiden entwickelten sich auch spezialisierte Geisteswissenschaftler, wie die benannten Seher, also die Vates und Caragii, sowie die Barden, also Dichter, die bei den Galliern „Bardi“ hießen. Ihre Lieder preisten die Heldentaten, ihr Name stammt von dem Wort „guer“, was soviel bedeutet wie „preisend Lieder singen“. Im Laufe der Zeit wurde aus „guer“ „bardi“. Die Helden der Lieder agierten vor der Bühne von Werden und Vergehen. Für die Musik nutzte der Barde seine Stimme und Rasseln. Weißt Du, für uns hatte die Musik etwas Überirdisches – aber Streichinstrumente hatten wir nicht.

Die Lyrik wurde in einer Triadenform vorgetragen, der Rhythmus steht für die schöpferische Kraft, was mit der Seelenwanderung als ewiger Kreislauf zu tun hat!

Die Druiden in der keltischen Gesellschaft

Aber zurück zu uns, den Druiden! Das Wort Druide kommt von dem altkeltischen „Druuids“, ein Zusammengesetztes Wort aus dru = Eiche und uid = wissen oder weise, also ist der Druide ein Eichenweiser – und wie wichtig die Eiche war, hast Du ja bei der letzten Station bei Drynemeton gelernt! Die Eiche stand auch für den magischen Gott Lug, einer der höchsten Götter in unserem Pantheon. Lug hatte auch einige Tricks drauf: Er konnte für die Feinde unsichtbar in Erscheinung treten und er konnte die Menschen auch durch einen dreitägigen Schlaf von allen Krankheiten heilen! Wir lernten viel von dem Sonnengott Lug: wie man mit Kräutern heilt und die weiteren Künste der Druiden, mehr darf ich an dieser Stelle nicht verraten.

Man erkennt uns Druiden am Zeremonienstab, oder –Lanze, zuweilen tragen einige eine Kultkeule oder eine Bronzekrone. Kein großes religiöses Zeremoniell findet ohne uns statt, jedes Opfer, jede Mistelernte, muss von uns vorgenommen werden. Wir können die schlimmste aller Strafen aussprechen, indem wir den Übeltäter von den Opferriten ausschließen – so wird er sich nicht mehr gut mit den Göttern stellen und wird dem Schicksal auch im Jenseits ausgesetzt, da hat man besser Verbündete!

Die Ausbildung zum Druiden ist eine Lebensaufgabe, nach 30 Jahren Ausbildung musste man auch mindestens ein Mal im Karnutenwald gewesen sein. Mitten in Gallien trafen sich einmal im Jahr die Druiden von fern und nah an einem heiligen Ort! Im Jahr 53 v. C. haben wir uns in Gallien zusammengesetzt und beschlossen unser Volk gegen die Römer zu einigen, um Ihnen etwas entgegen zu setzen. Orgetorix wollte der Anführer sein, aber wir entschieden uns für Vercingetorix.

Dort gab es aber nur einmal die Wahl zum einzigen, je existierenden König der Kelten: Vercingetorix, der ja bekanntlich bei Alesia scheiterte. An diesem heiligen Ort im Wald der Karnuten wählten wir auch den höchsten Druiden – quasi einen Königsdruiden. Doch im Zweifelsfall wurde die Wahl zu einem Kampf und der Gewinner war von den Göttern auserkoren. Aber so ganz genau, kann das niemand mehr sagen, es ist schon so lange her – ich kann mich wirklich nicht mehr erinnern.

Wir lehrten durch Sprechgesänge die kommenden Druiden unser Wissen; das Schreiben war verboten! Das Schreiben beinhaltete eine Magie und durfte nicht einfach so eingesetzt werden, außerdem könnten unsere Geheimnisse in die falschen Hände gelangen! Und sowieso: Wer das Gedächtnis nicht trainiert, wird faul! Anfangs waren manche Druiden sogar für die Münzprägung zuständig, hörte ich.

Im Kampf standen wir hinter unseren Kriegern und reckten die Arme gen Himmel, dabei verfluchten wir unseren Feind und forderten die Götter auf, ihnen zu schaden und uns den Sieg zu schenken. Das machte auf Römer über Jahrhunderte einen mächtigen Eindruck. Ich muss auch gestehen, man konnte die Druiden auch für einen Fluch bezahlen, sei es der Liebe oder des Erfolgs bei der Jagd oder des Handels wegen. Der nachfolgende Fluch, beispielsweise, wurde in Gallien gefunden und folgendermaßen übersetzt:

Gegen diesen Zauber dieser Frauen, gegen derer unterweltliche Namen ist dies der Zauber der Vidluia, der Zaubereien sticht. Der Gegenwirkende soll Severa und Tertionicna, die lidssata und liciata sind, unter deren Grabdeckel legen. Außerdem, wenn die Folgenden mit bösen Vorzeichen zaubern, ist gegen deren Namen der Zauber der Unterwelt: Banona, Tochter der Vlatucia; Paulla dona von Potit; Aiia, Tochter der Adiega; poitita, Mutter der Paulla; Severa, Tochter von Valens; dona des Paullus, Adiega, Mutter der Aiia, Potita, dona von Prim und Tochter der Abesa.

Durch die Inschrift wird die Magie verstärkt! Mir fällt sogar noch das Wort für einen Verzauberten ein, es war geltios, was mit rufen zu tun hat. Das indogermanische Wort war ghel für rufen.

Wir Druiden zahlten keine Steuern und wir zogen nicht mit der Waffe in den Krieg, wir gehörten nicht zur normalen Gesellschaft der Kelten. Caesar sah in uns Druiden den keltischen Adel. Wir standen über den Gesetzen, wir waren mehr als nur die Priester unserer Religion.

Der Druidenkalender

Im Gegensatz zum gemeinen Volk hatten wir auch einen eigenen Kalender – den Druidenkalender. Wir hatten, genau wie Ihr heute, 12 Monate oder wie die Helvetier im heutigen Frankreich sagten „mis“, heute sagen die Leute dort „mois“ für Monat. Unser Kalender ist auf 5 Jahre ausgelegt, aber wie Du noch weißt, ist die 5 eine heilige Zahl – nicht ihr nominaler Wert zählt, sondern seine magische Bedeutung: Die Zahl 5 steht für die Ewigkeit. Allerdings hat unser Monat nur 29 und 30 Tage, sodass uns nach 5 Jahren von dem heutigen Kalender 10 Tage fehlen, obwohl wir die Nächte zählten und nicht die Tage, wie Ihr! Im Übrigen kommt das Wort Woche von dem kymrischen Wort „wythnos“, was acht Nächte bedeutet. Der Druidenkalender kannte außerdem mehr Feiertage als der normale Keltenkalender. Der normale Keltenkalender kannte nur vier große Festtage, unserer hatte auch die Sonnenwendentage. Wir kannten sogar Unglücksmonate, aber mehr davon wird Euch Litumaros auf Station 7 erzählen.

Überlieferte Druidenrituale

Beispielsweise wussten wir, wann man die Mistel schneidet, aber das darf nicht jeder wissen– naja ich denke Dir kann ich es verraten: Psst, es ist in der 6. Nacht des Mondes, dann hat die Mistel am meisten Kraft. Dafür muss man zwei weiße Stiere zur Steineiche führen, deren Hörner bekränzt werden. Ich, der Druide, steige in weiß gekleidet empor und schneide mit einer goldenen Sichel die Mistel ab; und aufgefangen wird sie mit einem reinen, weißen Wolltuch. Danach werden die Tiere den Göttern unter Gebeten geopfert.

Mistel am baum

Außer für die Mistel gab es auch andere Rituale für andere Kräuter! Dem Samolous, was ihr nach uns benannt habt: „Drudenfuß“ (Bärlappe), nähert man sich in weiß und barfuß – alles natürlich frisch gewaschen. Man darf nicht mit Eisen in Kontakt sein und den linken Ärmel hochgezogen haben, dann darf man mit der rechten Hand das Kraut der Erde entnehmen. Es ist eine Art Wunderheilmittel für uns gewesen und half vor allem bei Wunden. Inzwischen habt ihr herausgefunden, dass Alkaloide in Zellen der Pflanze für Schmerzlinderung und Heilung sorgen – weswegen ihr das Kraut wohl auch unter Naturschutz gestellt habt?

Das Verbenaceae, also Eisenkraut, ist eine vielseitige Pflanze. Heute weiß der Mensch über die Wirkung der Pflanze Bescheid und sie wird bei Beschwerden der Atemwege, des Stoffwechsels und des Nervensystems verwendet. Für das Sammeln muss man aber einiges beachten: So muss man hier einen Eisenring tragen, der mit dem Honigopfer gesegnet wurde. Mit der linken Hand reißt man das Kraut heraus und hält es in die Höhe. Die Blätter und die Wurzel werden getrennt und im Schatten getrocknet. Die Wirkung die nur die Druiden kennen, ist die Fähigkeit zur Wahrsagerei! Oh, jetzt ist es rausgerutscht, aber nicht weitersagen!

Übrigens einen bestimmten Fluch, spricht man in der folgenden Position aus: während man auf einem Fuß steht, schließt man ein Auge und darf auch nur eine Hand benutzen. Diese Vortäuschung der Verstümmelung, soll die Götter bewegen, Dich als heiligen Menschen zu betrachten. Denn genau wie bei dem germanischen Gott, dem einäugigen Wodan, glaubten wir, dass Behinderungen nur heilige Menschen, mit magischen Kräften, trifft.

Die walisischen Druiden (auch Fili genannt) kannten auch einige Tricks: So musste man rohes Fleisch, vom Schwein, Hund oder der Katze, erst kauen und dann auf die Steinplatte hinter der Tür legen, wenn man einen Wunsch an die Götter hat. Mit einem Beschwörungsgesang sollte sich der Wunsch bis zum nächsten Morgen erfüllt haben.

Die Druidenverfolgung unter der römischen Herrschaft

Nachdem die Römer mit Ihrer Armee unsere keltischen Krieger besiegten, wurde ein großer Teil des keltisch-sprachigen Gebietes zu der römischen Provinz Gallien. Im Laufe der Zeit wurden wir sogar zu einer der reichsten Provinzen des römischen Reichs. Doch uns Druiden standen dunkle Zeiten voraus.

Caesar gefiel die Macht der Druiden so gar nicht, wir waren das Rückgrat der keltischen Gesellschaft. Wir hatten große Macht und viel Einfluss! Und bei allen Streitigkeiten zwischen Clans, hielten wir alles zusammen, wir säten Eintracht, wo die Römer Zwietracht säen wollten. Caesar hatte schon im Winter 53 v. C. die Druidenversammlung gestört und seine Nachfolger sollten uns verfolgen.

Unter Augustus (63 v. C. bis 14 n. Chr. – also zu der Zeit, als Oberschwaben zur römischen Provinz wurde) wurde es den Bürgern Roms verboten, den Ritualen der Druiden beizuwohnen. Dann kam Kaiser Tiberius (43 v. C. bis 37 n. C), er hat unsere Religion gar ganz verboten. Und mit Kaiser Claudius (10 v. C. bis 54 n. C., der in Galliens Lugdunum, also Lyon, geboren wurde) kam die Druidenverfolgung.

Man verbrannte unsere heiligen Orte, unsere Opferplätze und schüttete sie zu. Sie waren zerstört und entweiht. Von diesem Schlag erholten wir uns nie, die Römer assimilierten unsere Kultur, von jetzt an spricht man von einer gallo-römischen Kultur. Wir wandten uns an unsere lokalen Gottheiten, doch unser Flehen wurde nicht erhört. Und genau dort setzten die Römer an, die anderen Götter bekamen lateinische Beinamen und wurden quasi zu einem halbrömischen Gott gemacht. Das sollte die Integration erleichtern.

Im 1. Jahrhundert nach Christus wurden unsere heiligen Bäume gefällt, der Gaius Suetonius Paulinus, fällte die heiligen Haine in Großbritannien.

Aber die keltische Religion überlebte in geheimen Bünden und wurde nach und nach vom Christentum assimiliert. Auch wenn die Bevölkerung zu dem Zeitpunkt schon alemannisch war. Die Germanen hatten recht ähnliche Sitten, Gebräuche und Religion, wie die Kelten. Einerseits werden Druiden im Christentum als Heilige gesehen, andererseits werden sie zu Zauberern diabolsiert. Doch auch im Christentum der folgenden Jahrhunderte war unsere Magie verboten und heute ist sie weitgehend verloren.

Zeittafel zusammengesetztLiteraturverzeichnis

Die nächste Station der Oberschwäbischen Keltenstraße ist unter den folgenden GPS Daten zu finden: 48.080566,9.643222 (Für die Station, nicht der eigentliche Fundort – Achtung Moorgebiet!). Station 5: 48.080566,9.643222, Station 6: 48.162447,9.556324

!!!ICH EMPFEHLE ABER ZUNÄCHST DAS FEDERSEE MUSEUM (GPS-DATEN: 48.069606,9.611308) IN BAD BUCHAU ANZUSEHEN, DA MAN HIER DIE GANZEN KELTENFUNDE AUS DER REGION, SOWIE DIE HÄUSER AUS DER ZEIT BEGUTACHTEN KANN!!!

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