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Station 8 | Atrebates & die keltische Viereckschanze

Atrebates und die Viereckschanzen. Die achte Station der Oberschwäbischen Keltenstraße befindet sich im Junkerghau bei Mittelbiberach.

Die Beschreibung der Viereckschanze Mittelbiberach findet man dem Link folgend.

© Till Adloff info@till-now.de

Willkommen! Ich bin vom Clan der Atrebates, die Beianderwohnenden, wie ihr so blumlos sagen würdet. Ich wurde beauftragt Euch die Viereckschanzen zu erklären und was das ist.

Ich muss zugeben, ihr habt auch einen komischen Namen dazu gewählt: Viereckschanze oder auch Keltenschanze. Euer Wort dafür, wenn ich Euch das mal erklären darf, kommt von der Form und dem Nutzen. Die Form ist ein Viereck und man hat sich dahinter verschanzt – also Viereckschanze.

Viereckschanze – Repräsentativer, keltischer Gutshof

Die Viereckschanzen waren für Euch lange Zeit ein Rätsel! War es eine Kultstätte oder ein Bauernhof? Der Grund dafür lag in den verschiedenen Funden in den Abfallschächten oder waren es gar Opferschächte? Aber wie ihr ja an der letzten Station (7) gelernt habt, haben wir auch gerne mal gefeiert, das gehörte zum guten Ton für einen Kelten. Und die Gutshöfe, die Viereckschanzen, gehörten auch reicheren Kelten – die mussten zur Feier laden und da gab es denn auch ordentlich viel zu Futtern. Ein nettes Anwesen hat auch heute noch eine repräsentative Funktion.

Man fand aber auch menschliche Schädel in den Gruben – wir haben die Köpfe unserer Gegner gesammelt. Wenn ich das mal erklären darf: Wenn man beispielsweise einen höherstehenden Feind besiegt, wurde der Kopf balsamiert und aufbewahrt. Gab es keinen Platz mehr, musste ein alter Kopf weichen, dieser kam in die Müllgrube.

Die Viereckschanzen sind wegen ihrer Befestigung oftmals noch heute – zumindest im Ansatz –erkennbar. Gerade in dieser Gegend findet man viele dieser Gutshöfe. Vermutlich gab es noch viel mehr als die hunderte, die man bisher gefunden hat und auch ihr habt ja schon so manche Viereckschanze gesehen, bzw. wart dort, wo diese einst standen.

Gerade im 2. Jahrhundert vor Eurer Zeitrechnung haben die Viereckschanzen zugenommen, auf Grund eines politischen Wandels? Oder einer religiösen Änderung? Etwas war passiert, was Euch Orgetorix an Station 2 schon versuchte zu verdeutlichen… Hast Du schon eine Theorie? Ich sag Euch was, der Wohlstand war der Grund für den Wandel, alle wollten die Luxusgüter der Fürsten und so machten sich viele „selbstständig“, was den reicheren Bauern die Errichtung dieser Viereckschanzen erlaubte – aber das ist nur meine – des Atrebates – Meinung. Natürlich gab es in der Zeit auch viele Veränderungen, wie die Kimbrischen Wanderungen – also die germanischen Verbände, die von Norden nach Süden zogen.

Die Viereckschanzen, oder wie Römer sagten, Aedificia, ähneln auch tatsächlich unseren Tenemonos, unseren Heiligen Plätzen. Auch sie waren rechteckig und zuweilen in einer Siedlung. Anfangs war das Heiligtum nur ein Pfahl, doch im Laufe der Zeit erbaute man einen Tempel darum. Was der hölzerne oder Stein-Pfahl bedeutete weiß ich auch nicht mehr… Manchmal ist ein heiliger Ort auch ein Moor oder ein Gewässer, was hier sehr oft der Fall war. Obgleich es durchaus denkbar ist, dass es mehrere heilige Orte zeitgleich gab, einen Platz der Götter, wo man die Opfer darbrachte.

Ausrichtung der keltischen Viereckschanze

Nun, da aber alles irgendwie mit den Göttern verbunden war und wir Kelten keine Gelegenheit ausließen, uns den Göttern zu widmen, hatten die Viereckschanzen schon etwas Rituelles. Zumindest richtete man das Tor der Anlage an den drei möglichen Himmelsrichtungen aus. Wie? Vier Himmelsrichtungen? Nein, es gibt nur drei: Vorne (Osten), Hinten (Westen) und Rechts (Süden). Der Norden ist eine böse Himmelsrichtung, alles Heilige ist aber dreifach! Im Norden befindet sich außerdem „perkunio“, der Hercynische Wald, nördlich der keltischen Gruppe der Boii, woraus ihr heute „baia“, das Gebiet der Boier Bewohnenden, also Bayern, gemacht habt. Das vorkeltische Wort perk deutet auf die Eichen, die da wuchsen und die Germanen machten daraus Firgunna, das heute im Fichtelgebirge weiterlebt. Dieses Gebirge war uns Kelten nicht ganz geheuer… Soweit ich mich erinnere, war dies auch die Wettergrenze.

So findet man keine Viereckschanzen, deren Toröffnung nach Norden zeigt. Die Genauigkeit hat so seine Schwierigkeiten. Der Osten war bei uns zwischen 45 und 135 Grad. Der Süden ist zwischen 135 und 225 Grad und der Westen ist zwischen den Graden 225 bis 315. Die von Euch gefundenen Gutshöfe zeigen zu 42,1 Prozent nach Osten, 29,8 Prozent nach Süden und 28 Prozent nach Westen.

Ob der Osten präferiert wurde, weil dort die Sonne aufgeht, dort die Herkunft war oder ob man sich dem Osthallstattkreis verpflichtet fühlte, blieb mir immer im Dunkeln. Die nördlichste Viereckschanze liegt im Quellgebiet der Elbe, also jenseits des Hercynischen Waldes (Erweitertes Fichtelgebirge).

Ausmaße, Mauern und Aufbau der Viereckschanzen

Die Viereckschanzen findet man vor allem hier, im südlichen Baden-Württemberg und Bayern. Im Durchschnitt ist so eine Anlage ungefähr 80 Meter lang und versucht meist quadratisch zu sein. Aber das hat nicht immer ganz hingehauen.

Umgeben, daher kommt die Verschanzungsidee, war die Viereckschanze von einem Graben von durchschnittlich zwei Metern Tiefe (auf drei Meter Breite) und einem Erdwall, der auch ein paar Meter hoch sein konnte, sodass man einen Höhenunterschied von ungefähr 5 Metern hatte. So manchmal musste man als Angreifer vor der Graben-Wall Konstruktion auch noch drei Etagen von Terrassen überwinden, also auf einem Anstieg hatte man rund um die Schanze, die Erde zu einer Wand abgegraben, meist drei Mal.

Diese Etagen waren zur Hofeinfahrt abgeflacht und führten zum großen Tor, man musste ja rein- und rausfahren können. Damit da auch ordentlich viel Verkehr durchpasste, waren die Tore von 8 Metern (in Attenweiler) bis 25 Metern breit. Um den Graben zu passieren gab es eine Brücke, welche mittels Steinfundamenten gerade ausgerichtet wurde. Das Tor war derart gebaut, dass es sich rechtwinklig nach innen öffnete und so eine lange Gasse bildete, die im Angriffsfall besser zu verteidigen war. Auch wenn man sich auf das Tor zubewegte, gab es bei manchen Siedlungen eine Gasse, von Mauern gesäumt, sodass eventuelle Angreifer gut bekämpft werden konnten.

Auf den Erdwällen befanden sich ja auch noch die Mauern, davon hatte man zwei Sorten und zwar die Pfostenschlitzmauer und die Murus Gallicus. Eine solche Pfostenschlitzmauer heißt die Konstruktion, bei der man in regelmäßigen Abständen Pfosten mit waagerechten Balken verbunden hat und dahinter schüttete man die hölzerne Wallkonstruktion mit Steinschotter auf. An der Front gab es eine Steinabdeckung.

Bei der Murus Gallicus handelte sich um eine von Caesar beschriebene Mauer, daher der lateinische Namen. Es war ein Kastenwerk aus Längs- und Querbalken, die zusammen genagelt waren. Auch hier hatte man den Innenraum mit Steinschotter aufgefüllt. Caesar lobte die Mauern als durchaus widerstandsfähig gegen Feuer und Rammböcke.

Im Inneren standen nur wenige Gebäude, die ebenfalls viereckig waren. Nur in Großbritannien baute man runde Häuser. Die Holzhäuser waren mit Stroh und Reet bedeckt und mit Lehm verputzt, wie man das im Freilichtmuseum Heuneburg sieht. Dazu gehörte das Wohnhaus, der Stall, Wirtschaftsgebäude und dererlei mehr. Außerdem gab es dort auch einen Acker innerhalb der Fläche, sowie einen Brunnen. Wahrscheinlich gab es auch Heiligtümer innerhalb der Mauern, zumindest gab es aber Schächte, die bis zu 35 Meter tief sein konnten. Ob es nur Abfall- oder Opfergruben waren.. naja, ihr kennt ja meine Meinung. Manch ein versierter Gutshofbetreiber hatte auch metallurgische Fähigkeiten oder beschäftigte einen Schmied, einen Gobnn.

Literaturverzeichnis

Die nächste Station der Oberschwäbischen Keltenstraße ist unter den folgenden GPS Daten zu finden: 48.004817, 9.782501 (Station 8 – 48.004817,9.782501), 47.923489,9.751465 (Station 10) & 47.848967,9.838393 (Station 11)

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